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Die Wracks von Sha'ab Abu Nuhas

Griechische Seelenverkäufer, geheime Schätze und Wracks mit Doppelnamen - Sha'ab Abu Nuhas ist der spannendste Wracktauchplatz im Roten Meer - hier findest du die wichtigsten Infos und interessantesten Geschichten
Matthias Heine
22.07.22 14:00

Abu Nuhas – der beste Wracktauchplatz des Roten Meeres

Abu Nuhas ist vermutlich der beste Wracktauchplatz des Roten Meeres. 4 Wracks warten darauf, erkundet zu werden. Die Herausforderung ist nicht zu groß, die Wracks sind abwechslungsreich. Grund genug, mal etwas genauer hinzuschauen.

Der Name „Abu Nuhas“ bedeutet in etwa „Vater des Kupfers“. Es wird vermutet, dass er sich von der Ladung des ersten, neuzeitlichen Wracks, der Carnatic ableitet. Kupferbleche waren von Apnoetauchern geborgen worden. Ein zweiter, umlaufender Name lautet „Riff der 7 Tode“. Einheimische wollen den Untergang von mindestens 7 Schiffen beobachtet haben.

Was macht Abu Nuhas so gefährlich? Das Riff endet kurz unter der Wasseroberfläche. Steht die Sonne ungünstig und ist das Wasser ruhig, hatten Kapitäne kaum Chancen, das Riff rechtzeitig zu erkennen.

Die Situation verschärfte sich mit der Einweihung des Suezkanals im Jahre 1869. Plötzlich lag dieser gefährliche Block in direkter Nähe zu einer vielbefahrenen Schifffahrtsstraße.

Carnatic – Tauchen am Kupferwrack und Namensgeber

Am 12. September 1869 verließ die Carnatic den Hafen von Suez. Kapitän Jones persönlich navigierte das Schiff durch den Golf von Suez. An nächsten Morgen, gegen 1 Uhr sichtete der zweite Offizier die Insel Shadwan direkt voraus. Kapitän Jones korrigierte leicht den Kurs, als plötzlich auf der Steuerbordseite Wellenbrecher gesichtet wurden. Trotz sofortiger Kursänderung schlug die Carnatic auf das Riff auf und setzte sich fest. Kapitän Jones überprüfte die Lage, die Pumpen kamen mit dem eindringenden Wasser klar und das Vertrauen in den Stahlrumpf überwog. Nach Sonnenaufgang stellte sich die Situation immer noch als beherrschbar dar. Kapitän Jones hoffte auf das Eintreffen der Sumatra, die sich auf dem Weg nach Suez befand. Der Tag verstrich und in der folgenden Nacht verschlimmerte sich die Lage. Das Wasser erreichte die Kessel und die Stromversorgung fiel aus. Am nächsten Morgen erkannte Kapitän Jones die Ausweglosigkeit und begann mit der Evakuierung des Schiffes. Als gegen 11 Uhr die ersten Passagiere die Rettungsboote betraten, brach das Schiff unvermittelt auseinander und versank im Meer. 5 Passagiere und 26 Besatzungsmitglieder fanden den Tod.

Erstaunlicherweise fanden die zerbrochenen Schiffsteile auf dem Meeresgrund wieder zusammen. Vom Wrack hat sich lediglich der Stahlrumpf erhalten, der heute wunderschön bewachsen ist und einen guten Eindruck von der Eleganz des Schiffes vermittelt.

Länge

98 m

Breite

13 m

Tiefgang

6 m

Antrieb

Dampfmaschine,

Hilfssegel

Ladung

Baumwolle, Kupferbleche, Post,Goldmünzen

Untergang

14.09.1869

Maximale Tauchtiefe

24 m

Marcus – das Fliesenwrack oder Wrack mit den zwei Namen

1956 lief die Marcus unter anderem Namen in Deutschland vom Stapel. Verschiedene Namen und Besitzer später landete das ausgebrannte Schiff bei einem griechischen Reeder wurde auf Vordermann gebracht und erhielt seinen Namen Marcus. Aus Italien kommend transportierte sie Bodenfliesen nach Saudi-Arabien, bevor sie im Mai 1978 Bekanntschaft mit dem Riff machte. Heute liegt das Wrack in einer Maximaltiefe von 24 m. Der Laderaum mit fein säuberlich gestapelten Fliesen ist ebenso ein Highlight, wie die riesige Schiffsschraube.

Länge

101 m

Breite

15 m

Tiefgang

7 m

Antrieb

Dieselmotor

Ladung

Bodenfliesen

Untergang

Mai 1978

Maximale Tauchtiefe

24 m

Kimon M. – das viert-interessanteste Wrack an Abu Nuhas

Das Frachtschiff wurde 1952 in Deutschland gebaut. Ein häufiger Besitzerwechsel folgte. 1978 übernahm die panamesische Rederei Janissos Shipping Co. SA das Schiff und stellte es unter dem Namen Kimon M. in Dienst. Beladen mit 4,5 t Linsen machte sich die Kimon M. im Dezember 1978 auf ihren letzten Weg von der Türkei nach Bombay. Am 12.12.1978 lief sie an Abu Nuhas auf ein bereits existierendes Wrack, welches bei dem Zusammenstoß völlig zerstört wurde. Die Kimon M. lag noch einige Zeit auf dem Riffdach, bevor sie endgültig in die Tiefe gerissen wurde. Heute ist sie auf der Steuerbordseite zur letzten Ruhe gebettet. Der durch diese Lage bedingte, enorme Druck macht das Betauchen des Wracks zu einem ernst zu nehmenden Risiko.

Länge

106 m

Breite

15 m

Tiefgang

6,5 m

Antrieb

Dieselmotor

Ladung

4,5 t Linsen

Untergang

12.12.1978

Maximale Tauchtiefe

30 m

Giannis D. – eines der beliebtesten Wracks im Roten Meer

Die Giannis D. erblickte im September 1969 in der Werft der Kuryshima Dock Company in Imabari, Japan, als Shoyo Maru das Licht der Welt. Nach einer klassischen Eigentümerodyssee landete sie schließlich bei der Dumarc Shipping and Trading Corporation, Piräus. Unter dem Namen Giannis D. und beladen mit Teak- und Mahagoniholz befand sie sich auf dem Weg von Kroatien in den Jemen. Nach Durchquerung des Golfs von Suez entschied sich der Kapitän am 19. April 1983 zu einem überraschenden Kurswechsel, um in voller Fahrt auf das Riff zu brettern. Kein Wunder, dass bei mehreren Wracks an Abu Nuhas Versicherungsbetrug vermutet wurde. Nach kurzer Parkposition auf dem Riffdach entschied sich das Schiff auf 27 m abzutauchen und zu zerbrechen. Heute bildet das Wrack ein ziemliches Trümmerfeld. Die Brücke ist sehr beeindruckend und das ganze Wrack gut zu betauchen. Manchmal begleiten Delphine die Taucher.

Länge

99 m

Breite

16 m

Tiefgang

6,5 m

Antrieb

Dieselmotor

Ladung

Teak- und Mahagoniholz

Untergang

19.04.1983

Maximale Tauchtiefe

27 m

Chrisoula K. – die große Unbekannte unter den Wracks an Abu Nuhas

Der Frachter Chrisoula K. wurde ursprünglich unter dem Namen Dora Oldendorff in Deutschland gebaut. Nach der Übernahme durch die griechische Reederei Clarione Marine wurde sie in Chrisoula K. umbenannt. Auf ihrer letzten Fahrt transportierte sie Bodenfliesen von Italien nach Saudi-Arabien. Nach Durchquerung des Suezkanals lief sie in der Nacht vom 30.08.1981 zum 01.09.1981 auf das Riff auf. In Folge der Brandung zerbrach das Wrack. Ein Teil liegt heute auf dem Riffdach, der Rest versank nördlich der Marcus im Meer.

Kontroverse

Welches Wrack betaucht man an Abu Nuhas? Die Marcus? Die Chrisoula K.? Beide Schiffe endeten an diesem Riff. Eine Fraktion sagt, die Marcus zerschellte am Riff und sank. Einige Jahre später ereilte die Chrisoula K. an selber Stelle das gleiche Schicksal. Beim Zerbrechen verblieb ein Teil auf dem Riffdach, der Rest versank nördlich der Marcus im Meer. Warum die Verwechslung? Beide Schiffe hatten Bodenfliesen geladen. Beide fuhren unter griechischer Flagge. Beide sanken unter dubiosen Umständen. Sogar Teile der Mannschaft dienten auf beiden Schiffen.

In der englischsprachigen Literatur wird die Existenz der Chrisoula K. geleugnet. Der O-Ton lautet, es existieren nur 4 Wracks und das Fliesenwrack ist die Marcus.

Andere wiederum sprechen ausschließlich von der Chrisoula K. und vermuten die Marcus in tieferem Wasser.

 

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Fazit

An wenigen Tauchplätzen weltweit findet man eine so hohe Wrackdichte, wie an Abu Nuhas. Unterschiedliche Bauzeiten und Erhaltungszustände machen die Wracks besonders abwechslungsreich. Die Tauchtiefen sind moderat und die Tauchbedingungen angenehm. Besucher sollten mit dem Tauchen vom und zum Schlauchboot ebenso vertraut sein, wie mit dem Strömungstauchen. Für das Eindringen in die Wracks sollte eine entsprechende Ausbildung selbstverständlich sein. Jetzt heißt es nur noch Flasche und Lampe schnappen und los geht’s in das Wracktauchvergnügen.

Geschrieben von
Matthias Heine
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