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Der Jellyfish Lake – Palau – Schnorcheln mit Quallen
Über die Begegnung mit Würfelquallen, auch Box Jellyfish genannt, habe ich mal gelesen, dass sie „zu einem der schmerzhaftesten Tode führt, den man sich vorstellen kann“. Wer zur Hölle legt solche Kategorien fest? „Ich gebe der Würfelqualle auf der schmerzhaften Tode Skala eine 9“? Egal. In persönlicher Erinnerung ist mir ein Tauchgang, bei dem ich in eine Tentakelwolke einer, nicht näher definierten, Quallenart geraten bin. Das passende Hintergrundlied wäre „i can`t feel my face“ gewesen…
Und dann sehe ich erste Bilder vom Jellyfish Lake. Abertausende von bunten Quallen und dazwischen Schnorchler. Sind die irre? Nein! Denn die Quallen bilden eine endemische Art und sind völlig ungefährlich. Also begann ich zu recherchieren, wo sich dieser See befindet.
Das paradiesische Palau besteht aus über 500 Inseln.
Foto: Tobias Friedrich
Palau
Palau liegt im westlichen pazifischen Ozean und besteht aus über 500 Inseln. Eine dieser Inseln ist Eil Malk mit dem Jellyfish Lake. Geografisch zu Mikronesien gehörig, ist es seit 1994 ein unabhängiger Staat, der aber immer noch stark mit der ehemaligen Kolonialmacht USA assoziiert ist.
Apropos Kolonialmacht: von 1899 bis 1914 gehörten die Inseln zum deutschen Kaiserreich. Hätte sich daran nichts geändert, hießen sie heute wahrscheinlich Franz Josef Land, wir könnten mit dem Regionalexpress (in umgekehrter Wagenreihung, heute 30 Minuten später, von Gleis 6) hinfahren und mit der Neuguinea Mark bezahlen. Welch gruselige Vorstellung! Geblieben sind uns ein paar kolonial-romantische Bilder von Max Pechstein.
Auf die Deutschen folgten die Japaner und danach die Amerikaner. Diese Landnahme hat uns ein paar beindruckende Wracks geschenkt, nicht nur unter Wasser, sondern auch an Land.
Auf den Inseln Palaus findet man heute noch Kriegsschrott aus dem 2. Weltkrieg.
Foto: Marc Hillesheim
Kurz vor der vollständigen Unabhängigkeit ließen zwei Präsidenten durch Mord und Selbstmord ihr Leben. Beeindruckend bei gerade mal 17000 Einwohnern. Wahrscheinlich Inselkoller.
Palau hat die Volksrepublik China bis heute nicht als Staat anerkannt, was ihnen eine direkte Flugverbindung nach Taiwan beschert. Beim wachsenden chinesischen Tourismusmarkt bestreite ich, dass das noch lange Bestand haben wird.
Palau – Anreise
Vorab: Palau nur wegen des Jellyfish Lakes besuchen zu wollen ist aus ökologischer Sicht nicht zu verantworten. Flüge gibt es beispielsweise ab Frankfurt über Seoul oder Taiwan nach Koror/Palau. Die Flugzeit beträgt mit Zwischenstopp mindestens 20 Stunden. Für Hin- und Rückflug muss man mindestens 1400 Euro rechnen. So einen Trip zum Jellyfish Lake muss man sich also erstmal leisten können und auf jeden Fall mit einem vollen Tauchurlaub kombinieren. Tolle Tauchspots gibt es auf Palau aber zur Genüge.
Die Tauchplätze Palaus werden von Land oder von Daily Booten aus betaucht.
Foto: Tobias Friedrich
Tauchen auf Palau
Etwa 60 Tauchplätze warten auf ihre Erkundung. Alle Tauchplätze können mit Daily Booten angefahren werden. 90 % der Tauchplätze unterliegen teilweise starker Strömung und den Gezeiten. Man sollte also unbedingt die Dienste eines Guides in Anspruch nehmen, um sich nicht in eine brenzlige Situation zu bringen. Dafür wird man mit Tauchplätzen belohnt, die zu den besten auf unserem Planeten zählen. Von Haien, über Mantas, Fischschwärmen, bunten Korallen, Nacktschnecken, Steilwänden, Höhlen bis zu Wracks bietet Palau alles, was das Taucherherz begehrt. Hier ein Überblick über einige der besten Tauchspots:
Ein Tauchgang im Blue Hole – Palau beindruckt durch das Spiel von Licht und Schatten.
Foto: Marc Hillesheim
Blue Hole – Blue Corner
Diesen Tauchgang werdet Ihr nicht vergessen! Ihr taucht im Blue Hole in wunderschönem, klaren, blauen Wasser ab, genießt die Spiele von Licht und Gegenlicht und schießt eure Fotos. In 30 m Tiefe führt Euch euer Guide aus dem Blue Hole heraus und plötzlich findet Ihr Euch entlang einer Steilwand in einem Strömungstauchgang wieder.
Haie verschiedener Art, Barrakudas, Barsche und Thunfische leisten Euch am Plateau des Blue Corner Gesellschaft. Mehr geht nicht!
Am Blue Corner – Palau ist die Begegnung mit Schwarmfisch und Haien fast schon Standard.
Foto: Marc Hillesheim
Chandalier Cave
Diese Höhle wartet direkt im Hafen von Koror auf Euch. In 4 m Tiefe befindet sich der Einstieg. Beindruckend klares Wasser spielt mit dem Licht. Gigantische Stalagtiten hängen in der ersten riesigen Halle von der Decke. Ein Muss für jeden Höhlenfan!
In der Chandalier Cave – Palau beeindrucken vor allem die mächtigen, von der Decke hängenden Stalagtiten.
Foto: Tobias Friedrich
German Channel
Der Kanal wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts von deutschen Minenarbeitern geschaffen (wahrscheinlich Vorbereitungen für oben erwähnte Regionalbahn). Heute ist der Kanal mit wunderschönen Korallen bewachsen. Eigentliches Highlight: die Sandbank ist Putzerstation für riesige Mantas. Absolut beeindruckend!
Riesige Mantas nutzen den German Channel als Putzerstation.
Foto: Tobias Friedrich
Peleliu Wall
Der beste Steilwandspot Palaus! Einer der tiefsten Tauchgänge auf Palau wird mit Canyons, Spalten und Höhlen belohnt, die unzählige Meeresbewohner ihr Zuhause nennen. Neben jeder Menge Fisch warten riesige Gorgonien und wunderschöne Korallen auf Euch. Und mit ein bisschen Glück trefft Ihr auf Zwerggrindwale und Silberspitzenhaie. Tiefer geht nicht!
Neben unzähligen Fischarten beeindrucken fantastisch bunte Korallen an der Steilwand des Peleliu Wall.
Foto: Tobias Friedrich
Wracks, Wracks, Wracks
Das Helmet-Wreck wurde nach der Unzahl Helmen benannt, die sich bei der Versenkung rund um das Wrack verteilten. Neben Helmen hatte das japanische Versorgungsschiff Granaten und Teile der japanischen Zero Jäger geladen. Die Tauchtiefe beträgt 10-28 m.
Die Amatsu Maru ist der „Trümmer“ unter den japanischen Wracks vor Palau. Das Schiff liegt in maximal 37 m Tiefe und ist 153 m lang! Besonders beeindruckend ist der Bewuchs mit schwarzen Korallen.
Eine Besonderheit Palaus sind mehrere, leicht zu betauchende Flugzeugwracks aus dem 2. Weltkrieg, die teilweise in geringen Tiefen oder Lagunen liegen. Ein absolutes Muss für Wrackfans!
Zahlreiche Wracks, darunter mehrere Flugzeuge laden zu Tauchgängen vor Palau ein.
Foto: Tobias Friedrich
Nachdem wir nun einen nachvollziehbaren Grund haben, nach Palau zu reisen, können wir uns endlich auf das eigentliche Ziel unserer Reise, den Jellyfish Lake, konzentrieren.
Jellyfish Lake – der See
Ongeim'l Tketau – Quallensee – Jellyfish Lake – drei Namen, ein Geheimnis. Vor ca. 12000 Jahren stieg der Meeresspiegel an und Wasser lief in eine Senke auf der Insel Eil Malk. Es entstand ein kleiner See der verschiedene Besonderheiten aufweist. Der Jellyfish Lake ist nahe der Oberfläche durch drei Tunnel mit dem Meer verbunden, so dass auch im See die Gezeiten leicht spürbar sind. Dementsprechend handelt es sich beim Jellyfish Lake um einen Salzwassersee. Die Fläche des Sees beträgt 420 x 200 m und er hat eine Maximaltiefe von 30 m. Auf den ersten 15 m ist das Wasser sauerstoffreich und nährstoffarm. Die Temperatur liegt bei durchschnittlich 31-32 °C. Der Sauerstoffgehalt nimmt in der Tiefe zunehmend ab. In 15 m Tiefe befindet sich eine etwa 3 m starke, durchgehende Matte, bestehend aus dem Purpurbakterium Chromatium, welche eine sogenannte Chemokline bildet. Sie absorbiert fast vollständig das Sonnenlicht. Darunter ist das Wasser sehr klar, aber sauerstoffarm.
„Mastigias cf. papua ssp. Etpisoni“ ist eine endemische Quallenart und kommt fast ausschließlich im Jellyfish Lake vor.
Foto: Marc Hillesheim
Jellyfish Lake – die Quallen
Die einzigartige Beschaffenheit des Jellyfish Lakes hat zur Bildung sogenannter endemischer Arten, also Arten, die fast ausschließlich hier vorkommen, geführt. Seinen wissenschaftlichen Namen „Mastigias cf. papua ssp. Etpisoni“ erhielt der Golden Jellyfish 2005, als er als eigenständige Unterart erkannt wurde. Bis zu 1,5 Millionen dieser Medusen bevölkern die obersten 13 m des Jellyfish Lakes. Ihre Hauptnahrung sind symbiontische Zooxanthellen und Zooplankton. Fragt mich jetzt bitte nicht, was das ist. Soll aber mit einem selbstgemachten Joghurtdressing ganz lecker sein. Faszinierend ist das Bewegungsmuster der Quallen. In der Nacht führen sie im zentralen Teil des westlichen Seebeckens mehrere Auf- und Ab-Wanderungen zwischen der Chemokline und der Oberfläche durch. In den Morgenstunden bis etwa 9.30 Uhr wandern sie vom zentralen Teil des westlichen Seebeckens zum östlichen Becken. In den Nachmittagsstunden bis etwa 15.30 Uhr geht’s dann zum westlichen Ende des Sees. Vorsicht ist an den Ufern geboten, wo medusenfressende Seeanemonen auf sie warten.
Schnorcheltauchgänge im Jellyfish Lake sind absolut ungefährlich für den Menschen.
Foto: Marc Hillesheim
Jellyfish Lake – Schnorcheln mit Quallen
Tauchen ist im Jellyfish Lake untersagt. Allerdings kommt man auch beim Schnorcheln voll auf seine Kosten. Schnorcheltouren sind ein recht teures Vergnügen. Die Genehmigung kostet 100 $, die Tour nochmal das Gleiche. In solchen Momenten führe ich mir immer vor Augen, wieviel Geld ich schon sinnlos im Kölner Nachtleben gelassen habe. Diese Erlebnis werdet Ihr genau 1 Mal in eurem Leben machen, also Augen zu und durch.
Spätestens wenn Ihr die Insel betretet, solltet Ihr die Augen aber wieder auf machen, denn bis Ihr den Jellyfish Lake erreicht ist etwas Kraxelei angesagt. Der Kalkboden ist nicht mit Flipflops kompatibel, als zieht Euch vielleicht direkt eure Neoprenschuhe an.
Keine Angst vor den Quallen! Auch sie besitzen Nesseln, die für den Menschen jedoch ungefährlich sind. Dennoch solltet Ihr nicht mittendurch schnorcheln, denn so verletzt Ihr die Quallen. Vorsichtig und behutsam paddeln, immer mal wieder abtauchen und ansonsten einfach das Schauspiel auf Euch wirken lassen. Ihr werdet dieses Erlebnis nie wieder vergessen!
Palau ist eines der besten Tauchreviere weltweit.
Foto: Tobias Friedrich
Fazit
Der Jellyfish Lake ist einer dieser ganz besonderen Spots. Als Vergleich fällt mir der Barrakuda Lake auf den Philippinen ein. Diese Spots alleine rechtfertigen gewiss nicht die enorme Anreise, aber wenn man sie in ein komplettes Paket einbetten kann, bieten sie unvergleichliche und unvergessliche Eindrücke.
Abraten möchte ich von, auf Palau angebotenen, Tauchgängen mit dem Nautilus. Der urzeitliche Kopffüssler lebt normalerweise in Tiefen zwischen 100 und 300 m. Man hat es sich zur Unsitte gemacht, die Tiere mit Hühnerfleisch in Käfige zu locken, diese dann in betauchbare Tiefen zu holen und den Tauchern als Fotoobjekt zu präsentieren. Jeder umweltbewusste Taucher sollte sowas nicht unterstützen!
Der Präsident von Palau, Thomas Esang „Tommy“ Remengesau, Jr., ist passionierter Sporttaucher und Haischützer. Dafür beide Daumen hoch! Vielleicht begegnet Ihr im ja mal unter Wasser.
Viel Spaß in einem der besten Tauchreviere der Welt!